Diese Presse-Schlagzeilen sind glücklicherweise nie erschienen:

 

Dennoch häuften sich vor etwa 15 Jahren auf den Tagungen der Galvanoverbände Vorträge, die die mangelnde Beständigkeit des Korrosionsschutzes von Stahlteilen durch unlegierte Zinkschichten im Automobilbereich beklagten und Verbesserungen der galvanischen Verzinkung durch Mitabscheidung von Nickel, Kobalt und Eisen forderten. Zur Illustration dieses Übelstandes wurden dem staunenden Publikum eindringliche Bilder von völlig korrodierten, unlegiert verzinkten Schrauben gezeigt, die im Salzsprühtest gegen legiert verzinkte Schrauben getestet worden waren, welche wiederum den Salzregen fast unversehrt überstanden hatten. Feldversuche in Echtzeit mit an Serienautos montierten, legiert verzinkten Schrauben schienen diese Ergebnisse zu bestätigen.

Diese Darstellungen standen aber im Widerspruch zu den Beobachtungen, die der Autor an seinem Geschäftswagen, einem Opel Ascona Baujahr 1984 machen konnte, der zu diesem Zeitpunkt etwa 10 Jahre alt war. Die an diesem Auto verbauten, unlegiert verzinkten Bauteile wiesen nur leichte, die Funktion nicht gefährdende Korrosion auf, keinesfalls war die in den Vorträgen gezeigte Dramatik des Korrosionsverlaufes erkennbar.

 

Ein Verdacht keimt

Die laufende negative Berichterstattung über die galvanische Verzinkung begann eine Gefahr für das Lohngalvanik-Geschäft des Autors zu werden, dessen Betrieb auf galvanische Verzinkung spezialisiert war. Es wuchs für ihn der Druck, hohe Investitionen in die Zink-Legierungsabscheidung tätigen zu müssen, eine Technologie, von deren Sinn er nicht überzeugt war.

Manche Gespräche und Diskussionen auf zahlreichen Fachveranstaltungen zu diesem Thema ließen einen Verdacht keimen: war das alles vielleicht nur ein Spiel mit verteilten Rollen, um die im jahrelangen Wettbewerb der galvanotechnischen Zulieferfirmen etwas erlahmte Ertragstärke der unlegierten Verzinkung zu korrigieren? Sollte durch die Entwertung eines alten, aber bewährten Verfahrens der Übergang zu einer renditeträchtigeren Neuerung eingeleitet werden?

 

Der „Lange Marsch“ beginnt

Was tun? Mit Gegengutachten Stellung beziehen? Gegen die gesamte Automobilindustrie? Schon die Kosten eines solchen Vorhabens wären für eine kleine Lohngalvanik nicht zu schultern gewesen und auch in sachlicher Hinsicht hätte es keine Erfolgsgarantie gegeben. Gerichtsfeste Beweise waren nicht zu erwarten.

Es blieb also nur der „Lange Marsch“ übrig, die beharrliche und ausdauernde Verfolgung und Beobachtung der Zinkkorrosion an einem definierten Objekt über einen sehr langen Zeitraum. Da lag es nahe, den besagten Opel Ascona als Versuchsobjekt zu nehmen und der Autor fasste einen Entschluss: er würde seinen Geschäftswagen so lange fahren, bis dieser durch ein generelles, technisch und wirtschaftlich irreparables Versagen der galvanisch verzinkten Bauteile fahruntüchtig würde.

Der Wagen wurde wie bisher weiterhin ganzjährig vorwiegend in Süddeutschland bewegt, wurde aber auch zu Fernreisen in ganz Europa herangezogen. Als Fahrer diente praktisch ausschließlich der Autor, nicht zuletzt deshalb, weil andere Personen nicht mehr die Verantwortung für das nunmehr „heilige Blechle“ übernehmen wollten.

 

Die Kosten explodieren

Die Jahre vergingen und der Zahn der Zeit nagte an dem Ascona. Es stellten sich dabei unerwartete und schmerzlich teure Ausfälle ein:

Hinterachse:

Bei etwa 420.000 km war die gesamte Struktur der Hinterachse sicherheitsbedenklich korrodiert und wurde durch eine besser erhaltene gebrauchte Achse ersetzt.

Kotflügel und Türen:

Starke Durchrostungen machten den kompletten Ersatz der vorderen Kotflügel und der 4 Türen notwendig, bei den Ersatzteilen wurde vor der Lackierung aber nachgeholt, was der Hersteller nicht für nötig gehalten hatte: eine Verzinkung. Die hinteren Kotflügel sind leider nicht demontierbar und müssen in regelmäßigen Zeitabständen aufwändig saniert werden

Armaturenbrett:

Dieses besteht aus einem einzigen Formschaumteil und wurde immer rissiger, bis es an einigen Stellen völlig gebrochen war. Wird nicht ersetzt, da sehr aufwändig und nur ein kosmetisches Problem.

Sitze und Sicherheitsgurte:

Die Sitze zersetzen sich innerlich, die Schaumpolsterung rieselt als gelber Staub heraus. Dieser Vorgang dauert an. Die Kunststoff-Tasten der Gurtschlösser haben sich unter der Einwirkung der Hautabsonderungen der Bedienerhand zersetzt, sind schließlich gebrochen und mussten ersetzt werden.

Windschutzscheibe:

Unter dem dauernden Beschuss mit feinen Staubpartikeln während der Fahrt wurde die Scheibe so rau, dass sie bei Nacht und Regen immer mehr zum Sicherheitsrisiko wegen schlechter Durchsicht wurde. Nach etwa 350.000 Fahrkilometern wurde sie ersetzt.

Im Jahre 2009 ist der Ascona 25 Jahre alt geworden und hat mit dem Originalmotor 485.000 km zurückgelegt. Natürlich sind nunmehr auch die galvanisch verzinkten Bauteile stark angegriffen, von einem generellen Versagen kann aber immer noch keine Rede sein. Einzelne Verbindungselemente sind bei den fälligen Reparaturen ersetzt worden, im Verhältnis zu den Gesamtkosten aller Reparaturen handelt es sich dabei aber um die berühmten „peanuts“.

Das Ende ist offen

Es ist unabsehbar, ob und wann nun das Versagen der galvanisch verzinkten Bauteile zur Verschrottung des Opel Ascona führen wird. Dennoch steht ein Ergebnis fest: es war unnötig, die unlegierte galvanische Verzinkung im Automobilbau zu verdrängen, ein kostengünstiges und umweltverträgliches Verfahren  ist zu Unrecht in Verruf gebracht worden.